Wenn Zahlen uns in die Irre führen – Das magische Zahlendurcheinander
Hast du dich schon mal von Zahlen austricksen lassen?
Stell dir vor, du hast zwei Eisdielen vor dir. In Eisdiele A kostet eine Kugel Schokoladeneis 2 Euro und eine Kugel Vanilleeis 1 Euro. In Eisdiele B kostet Schokoladeneis 3 Euro und Vanilleeis 2 Euro. Welche Eisdiele ist günstiger?
„Das ist doch klar!“, denkst du vielleicht. „Eisdiele A ist billiger!“ Aber warte mal… manchmal können Zahlen uns ganz schön austricksen! Es gibt nämlich einen geheimnisvollen Effekt, der uns zeigt, dass Zahlen manchmal nicht das sagen, was wir denken.
Der geheimnisvolle Simpson-Effekt
Dieser verblüffende Zahlentrick heißt „Simpson-Effekt“ oder auch „Versteckte-Gruppe-Trick“. Keine Sorge, er hat nichts mit der gelben Zeichentrickfamilie zu tun! Er ist nach einem Statistiker (das ist jemand, der mit vielen Zahlen arbeitet) namens Edward Simpson benannt.
Der Simpson-Effekt zeigt uns etwas ganz Merkwürdiges: Manchmal kann etwas für jede einzelne Gruppe besser sein, aber insgesamt trotzdem schlechter!
Hä? Wie kann das denn sein?
Das klingt wirklich wie Zauberei mit Zahlen! Lass uns das mit einem Beispiel erklären, das du sicher verstehen wirst.
Das Eisdielen-Rätsel
Gehen wir zurück zu unseren zwei Eisdielen:
- Eisdiele A: Schokoladeneis kostet 2 Euro, Vanilleeis kostet 1 Euro
- Eisdiele B: Schokoladeneis kostet 3 Euro, Vanilleeis kostet 2 Euro
Jede Eissorte ist in Eisdiele A billiger als in Eisdiele B. Also ist Eisdiele A immer die bessere Wahl, oder?
Aber jetzt kommt der Trick! An einem heißen Sommertag werden in den Eisdielen unterschiedliche Mengen verkauft:
- Eisdiele A: 90 Kugeln Schokolade und 10 Kugeln Vanille
- Eisdiele B: 10 Kugeln Schokolade und 90 Kugeln Vanille
Wenn wir jetzt den Durchschnittspreis für eine Kugel Eis berechnen, passiert etwas Merkwürdiges!
Lass uns rechnen:
Eisdiele A:
90 Kugeln × 2 Euro + 10 Kugeln × 1 Euro = 180 Euro + 10 Euro = 190 Euro
190 Euro ÷ 100 Kugeln = 1,90 Euro pro Kugel im Durchschnitt
Eisdiele B:
10 Kugeln × 3 Euro + 90 Kugeln × 2 Euro = 30 Euro + 180 Euro = 210 Euro
210 Euro ÷ 100 Kugeln = 2,10 Euro pro Kugel im Durchschnitt
Siehst du das? Eisdiele A ist tatsächlich günstiger im Durchschnitt! Obwohl in Eisdiele B jede einzelne Eissorte teurer ist, zahlen die Kunden dort mehr im Durchschnitt.
Wie kann das passieren?
Der Zaubertrick passiert, weil in beiden Eisdielen unterschiedlich viele Kugeln von jeder Sorte verkauft werden. In Eisdiele A wird viel mehr vom teureren Schokoladeneis verkauft, während in Eisdiele B mehr vom günstigeren Vanilleeis verkauft wird.
Es ist ein bisschen so, als würdest du dein Zimmer aufräumen. Du könntest in jedem einzelnen Teil deines Zimmers (unter dem Bett, im Schrank, auf dem Schreibtisch) ordentlicher sein als deine Schwester in ihrem Zimmer. Aber wenn dein Schreibtisch riesig ist und dort das meiste Chaos herrscht, während deine Schwester einen winzigen Schreibtisch hat, könnte ihr Zimmer insgesamt trotzdem ordentlicher aussehen!
Der Simpson-Effekt in der Schule
Hier ist noch ein Beispiel, das dir vielleicht bekannt vorkommt. Stell dir zwei Schulen vor:
- Schule A: 40% der Jungen und 30% der Mädchen bekommen eine 1 in Mathe
- Schule B: 20% der Jungen und 10% der Mädchen bekommen eine 1 in Mathe
Welche Schule ist besser in Mathe? Es sieht so aus, als wäre Schule A eindeutig besser, richtig?
Aber was, wenn in Schule A 90% der Schüler Mädchen sind und nur 10% Jungen? Und in Schule B ist es umgekehrt: 90% Jungen und 10% Mädchen?
Lass uns wieder rechnen:
Schule A:
Angenommen, es gibt 100 Schüler: 10 Jungen und 90 Mädchen
Von den Jungen bekommen 40% eine 1, das sind 4 Schüler
Von den Mädchen bekommen 30% eine 1, das sind 27 Schülerinnen
Insgesamt: 31 von 100 Schülern bekommen eine 1, also 31%
Schule B:
Angenommen, es gibt 100 Schüler: 90 Jungen und 10 Mädchen
Von den Jungen bekommen 20% eine 1, das sind 18 Schüler
Von den Mädchen bekommen 10% eine 1, das ist 1 Schülerin
Insgesamt: 19 von 100 Schülern bekommen eine 1, also 19%
In diesem Fall ist Schule A immer noch besser. Aber was passiert, wenn wir die Zahlen leicht verändern?
Wenn in Schule A nur 10% der Mädchen eine 1 bekommen statt 30%, dann wären das nur 9 Mädchen, plus die 4 Jungen = 13 Schüler insgesamt. Das wären 13% mit einer 1. Und plötzlich ist Schule B mit 19% besser, obwohl für jede einzelne Gruppe (Jungen und Mädchen) Schule A immer noch besser ist!
Wie ein Detektiv durch die Zahlenwelt
Wenn du jetzt von Zahlen hörst, kannst du wie ein Detektiv sein! Immer wenn dir jemand Statistiken (das sind Zahlen, die etwas beschreiben sollen) zeigt, frag dich:
- Gibt es hier versteckte Gruppen?
- Sind die Gruppen unterschiedlich groß?
- Würde sich das Ergebnis ändern, wenn ich die Gruppen anders anschaue?
Wo begegnet dir der Simpson-Effekt im Alltag?
Der Simpson-Effekt taucht an vielen Stellen auf!
- Wenn jemand sagt: „Diese Schule hat bessere Noten als jene Schule.“ – Vielleicht hat die eine Schule einfach mehr Schüler, die es leichter haben?
- Wenn es heißt: „Dieses Spielzeug ist bei Kindern beliebter als jenes.“ – Wurden vielleicht mehr ältere Kinder befragt, die andere Vorlieben haben?
- Wenn in der Zeitung steht: „Medizin X wirkt besser als Medizin Y.“ – Wurden beide Medikamente an ähnlichen Patientengruppen getestet?
Spiel: „Finde den Simpson“
Du kannst ein Spiel daraus machen! Wann immer dir Zahlen begegnen, versuche herauszufinden, ob der Simpson-Effekt versteckt sein könnte. Hier ein Beispiel zum Üben:
In Zoo A fressen 80% der Elefanten und 70% der Giraffen ihr Futter komplett auf. In Zoo B fressen nur 60% der Elefanten und 50% der Giraffen alles auf. Welcher Zoo hat die zufriedeneren Tiere?
Die Antwort ist: Das können wir nicht sagen! Denn wir wissen nicht, wie viele Elefanten und wie viele Giraffen in jedem Zoo leben. Der Simpson-Effekt könnte hier lauern!
Zahlen-Detektive aufgepasst!
Das nächste Mal, wenn dir jemand Zahlen zeigt, um etwas zu beweisen, sei ein Zahlen-Detektiv! Frage nach mehr Informationen und schaue genauer hin. Denk immer daran: Zahlen können uns manchmal in die Irre führen, wenn wir nicht die ganze Geschichte kennen.
Und das Tollste: Mit diesem Wissen bist du jetzt schlauer als viele Erwachsene, die den Simpson-Effekt nicht kennen! Du kannst sogar deine Eltern oder Lehrer damit überraschen, wenn du ihnen erklärst, wie Zahlen manchmal trügerisch sein können.
Deine Zahlen-Detektiv-Aufgabe
Achte in den nächsten Tagen darauf, wo dir überall Zahlen begegnen – in der Schule, im Fernsehen, wenn Erwachsene reden. Frage dich: „Könnte hier ein Simpson-Effekt versteckt sein?“ Vielleicht findest du ja dein eigenes Beispiel und kannst andere damit verblüffen!
Denk daran: Ein kluger Kopf glaubt nicht alles, nur weil es mit Zahlen daherkommt. Manchmal erzählen Zahlen nicht die ganze Geschichte, und jetzt weißt du, wie du das entdecken kannst!